Brasilien in Schweinfurt

Das war sie - die Nacht der Nächte

Schweinfurt, Sa. 6. Okt. 2012. Zum Glück hatte niemand ein entsprechendes Messgerät dabei. Denn der Schallpegel dürfte zumindest zeitweise mit Leichtigkeit die 100-Dezibel-Marke überschritten haben. Jedenfalls endlich einmal eine Veranstaltung, für die das Evangelische Gemeindehaus in der Friedenstraße – nicht nur akustisch - zu klein ausgelegt war. Vielleicht fünfhundert oder sogar mehr Besucher dürften es gewesen sein, die dort die Brasil-Nacht zum Tage machten. Es hätten gerne noch mehr Sitzplätze sein dürfen. Auch viele Zaungäste schienen sich ob des Spektakels in den Saal verirrt zu haben, um sich dann an brasilianischen Köstlichkeiten zu laben und doch länger als beabsichtigt zu bleiben.

Manche hielten sogar sämtliche fünf Stunden bis nach Mitternacht durch, weil es sich ja schließlich auch um eine Benefiz-Veranstaltung handelte und Dekan Oliver Bruckmann samt Co-Moderatorin klugerweise Umbaupausen nutzte, um immer wieder neue Tombola-Nummern aufzurufen und Preise auszuhändigen: „Jedes fünfte Los gewinnt!“
Letztlich war es eine gigantische Geburtstagsparty: 25 Jahre Brasilienpartnerschaft des Dekanates Schweinfurt galt es zu feiern in Kombination mit dem zehnjährigen Bestehen der Gruppe Ritmo Candela: Seit 2002 gibt es folglich Samba-Klänge made in Schweinfurt. Allein schon ihre brasilianischen Trommelrhythmen in Kombination mit selbst komponierten Breaks wären abend- und ohrenfüllend gewesen. Aber Ritmo Candela hatte zu besagtem Doppeljubiläum weitere befreundete Gruppen eingeladen, die – so O-Ton der Moderation – „Trommelfell, Nervensystem und Bewegungsapparat strapazieren werden.“ Man machte damit Ernst. Es wurde wirklich „eingeheizt“ – in des Wortes doppelter Bedeutung.
Die Bateristas Loucos aus Werneck mit ihren Drummern und Schlagzeugern - das jüngste Bandmitglied gerade mal zehn Jahre alt! -  präsentierten laut Programmtext einen Mix aus Marchingbeats, Samba, Hip-Hop, Afro, Rock und Breakbeat.
Vor allem aber die 30-köpfige Bateria quem é? (dt.: „Wer bist du?“) aus Bamberg mit ihrem Leader und Animateur Albert Fuchs sorgte für Hitzewallungen: „Wir bringen die Stimmung des brasilianischen Straßencarnevals mit“ – so lautete ihre Reklame mit speziell getrommeltem Samba-Reggae und Samba-Batucada. Da riss es denn auch die Letzten im Saal von den Stühlen.

 

 

 

Ritmo Candela sorgte bereits für eine recht heiße Warm-up-Phase

Aus sicherem Abstand zu bewundern: die Bateristas Loucos aus Werneck 

 

 

Die beiden Schweinfurter Dekane Johannes Strauß (l.), der die Partnerschaft ins Leben rief, und Oliver Bruckmann, der nun das Vierteljahrhundert-Jubiläum feiern konnte

 Strahlten übers ganze Gesicht: Dekanatsmissionspfarrerin Christhild Grafe und Pfr. Hans Zeller, der Lateinamerikareferent von Mission EineWelt Neuendettelsau

 

 

Konnten sich über die Bombenstimmung ebenfalls nur riesig freuen: Pfrin. Grit Plößel, die in diesem Jahr mit nach Rio gereist war, und die langjährige Brasilienexpertin Renate Käser

Lachende Gesichter selbst am Weltstand, wo fast nur Kakao serviert wurde: Pfrin. Gisela Bruckmann und OStR.in Susanne Ledermann

 

 

Die Damen vom Serviceteam aus Bad Kissingen, in der Mitte Astrid Wilde, Teilnehmerin der letzten Reisegruppe (Foto: Renate Käser)

 

 Auch die evang. Jugend, veranwortlich für die Tombola, sollte ins rechte Licht gerückt werden; hier  zusammen mit Diakon Johannes Hofmann (Bad Kissingen) u. den beiden Jugendreferentinnen Katharina von Wedel u. Stefanie Kienle (außen l. und r.)

Demgegenüber getragener, ja fast schon zu leise, präsentierte sich die dreiköpfige Gruppe Bosa Nova (Canto y Cuerdas, „Gesang und Saiten“) mit ihrer Sängerin Catrinel Berindel. Endlich gab’s nun mal was zum Mitsingen und fürs Herz, z.B. „Aquarela do Brasil“. Nicht-Portugiesisch-Kundige versuchten es in Englisch: „There's one thing I'm certain of: Return I will to old Brazil“ (die deutsche Fassung der Fischer-Chöre lassen wir heute mal außen vor).
Natürlich wurden die Pausen zwischen den musikalischen Darbietungen zu Informationszwecken genutzt. Etliche Stände der evangelischen Dienste und Werke Schweinfurts im Foyer und am Saaleingang warben für ihre Projekte. Dekanatsmissionspfarrerin Christhild Grafe stellte die Brasilienarbeit, vor allem die letzte Begegnungsreise nach Rio de Janeiro vom Mai 2012, in einer Powerpoint-Präsentation vor und verdeutlichte die überaus wichtige, alles andere als leichte Arbeit der Creche (Sozialstation) Bom Samaritano für 100 Kinder aus der angrenzenden Favela. Und dann, nach Meisterung technischer Übertragungsprobleme, gab’s sogar eine Liveschaltung – einen sog. Live-Video-Chat – mit der Martin-Luther-Gemeinde, der ältesten evang.-luth. Einrichtung in Rio, in der zurzeit die deutsche Austauschpfarrerin Christine Drini ihren Dienst versieht. „Partnerschaft lebt von Begegnungen“ (Pfrin. Grafe). Selbstredend kamen auch Landessynodalin Renate Käser in ihrer Funktion als Beauftragte für Mission, Partnerschaft und Entwicklung sowie die ebenfalls immer noch von ihren Brasilien-Erfahrungen zehrende Pfrin. Tabea Richter (Obbach) zu Gehör. Schließlich gab’s eine Andacht mit Pfrin. Valerie Ebert-Schewe (Christuskirche), danach viele weitere Klänge und auch Tänze von ausgewählt schönen brasilianischen Damen, die freilich unseren Dekan - Scherz beiseite - ans Nürnberger Christkindl denken ließen. Such is live.
Jedenfalls waren um 22.30 Uhr schon rund 2000 Euro für erwähnte Kindertagesstätte in Rio zusammengekommen, und immer noch wurden Tombola-Gewinne ausgeschüttet, etwa Bahn-Wochenendtickets, Einkaufs- und Restaurantgutscheine, Weinflaschen und Portugiesisch-Schnupperstunden. Der Endbetrag soll sich sogar auf 4000 Euro belaufen. Ein beachtliches Zeichen der Unterstützung. Dank an alle, die dazu beitrugen! Dies wurde dem Berichterstatter aber erst nachträglich kund getan. Denn er hatte schon nach dreieinhalb Stunden kapituliert. Außerdem wollte er auf gar keinen Fall den Hauptpreis gewinnen – einen Auftritt der Gruppe Ritmo Candela bei sich daheim!

 

 

 

 

 Die Gruppe Bosa Nova mit Lead-Sängerin Catrinel Berindel zog mit softigen Ohrwürmern, sprich Evergreens, in den Bann 

 Immer wenn man dachte, es sei aus, setzte Zugpferd Albert Fuchs (l.) mit seiner Gruppe Bateria quem é? wieder von neuem an.

 

 

Dr. Gerda Böttcher, der Brasilienarbeit schon ganz lange verbunden, bediente und plauderte am Partnerschaftsstand.

 Lag an diesem langen Samstag vollkommen richtig: Sozialsekretärin Evi Pohl vom kda (mit einer Mitarbeiterin aus Ostheim) warb für den freien Sonntag

 

 

Drei Damen vom Evang. Frauenbund am absoluten Limit: Frau Heusinger, Frau Heinemann und Frau Kattner

 Blieb sachlich: Emmi Sengfelder aus Gochsheim warb für das Umweltmanagement  "Grüner Gockel" und sparte viel Energie

 

 

Warteten gespannt auch in Rio auf den Live-Talk; groß im Bild: Pfarrerin Christine Drini

Darauf wartete mancher den ganzen, langen Abend: auf Sambatänzerinnen wie aus dem Bilderbuch von der Copacabana

 

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So lautete die Presseankündigung:

Samba-Andacht zu später Stunde

Brasil-Night im evangelischen Gemeindezentrum –25 Jahre Partnerschaft

Schweinfurt. Seit 25 Jahren gibt es die Partnerschaft zwischen dem evangelischen Dekanat Schweinfurt mit den vier evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden in Rio de Janeiro. Nach dem Besuch einer Schweinfurter Delegation in der brasilianischen Millionenstadt, bei der diese ungewöhnliche Freundschaft gestärkt wurde, laufen nun die Vorbereitungen auf den Jubiläumsabend, der am 6. Oktober 2012 als „Brasil-Night“ im evangelischen Gemeindehaus stattfinden wird.
 
Dekan Oliver Bruckmann wird Cocktails servieren, es gibt typisches Essen, und es wird getanzt zu den Rhythmen der Sambagruppe „Ritmo Candela“, die an diesem Tag ihr zehnjähriges Bestehen feiern will. Zu später Stunde ist eine kurze Samba-Andacht geplant. Die vierköpfige Reisegruppe, bei der wieder einmal Dekanatsmissionspfarrerin Christhild Grafe dabei war, will eine Bildreportage von Rio zeigen, außerdem ist ein Video-Chat mit brasilianischen Freunden geplant. Vielleicht hat Pastor Mozart Zeit, aber der kandidiert gerade für den Stadtrat. Zugesagt hat auf jeden Fall Vilma Petsch, die Leiterin der Kindertagesstätte „Bom Samaritano“.
 
Um diese Kindertagesstätte, die Creche, soll es an diesem Abend in erster Linie gehen. Etwa 100 Kinder aus den benachbarten Favelas besuchen die Tagesstätte, die im Reichenviertel Ipanema liegt. Jedes Jahr bringen die evangelischen Gemeinden im Dekanat Schweinfurt 15 000 bis 20 000 Euro Spenden für die Creche auf. Wegen der Inflationsrate der Euro-Krise ist das Geld in Brasilien weniger wert, der Einrichtung fehlt es an Geld. „Wir müssen dringend 5000 Euro mehr aufbringen“, sagte Christhild Grafe nach ihrer Rückkehr im Mai. Mindestens 1000 Euro sollen an diesem Geburtstagsabend zusammenkommen. Deswegen wird es eine Tombola geben. Der Hauptgewinn ist ein kostenloser Auftritt der Samba-Gruppe.
 
Pfarrerin Grafe begleitet die Partnerschaft seit 1994. Es sei etwas ganz Besonderes, dass die Beziehung trotz der enormen Entfernung und der Unterschiedlichkeit der Kulturen so lange gehalten hat. Dekan Bruckmann hat eine Erklärung: weil sie von Anfang an nicht nur von den Amtsträgern, sondern von den Gemeindemitgliedern getragen wurde – und zwar auf beiden Seiten. So sind Freundschaften entstanden, in der die Partnerschaft tief verwurzelt ist.
 
Doch allen Beteiligten ist klar, dass Freundschaften gepflegt werden wollen. Neben den Besuchen alle zwei Jahre, den E-Mails und Briefen sollen in den Kirchengemeinden jeden Monat die gleichen Fürbitten füreinander gesprochen werden. Auch an ein fränkisch-brasilianisches Kochbuch ist gedacht.
 
Spenden für die Kita in Rio: Konto der GKV, 76 00 13 15 1, Sparkasse Schweinfurt, Stichwort „Brasilienarbeit“. Mehr Infos: www.schweinfurt-evangelisch.de

(aus Schweinfurter Tagblatt vom 28.8.2012, Text: Katharina Winterhalter)

 

 

 

Beim Pressegespräch mit der Journalistin Katharina Winterhalter - oben rechts neben Dekan Oliver Bruckmann

Noch einmal extra abgelichtet: Die "Brasiliendamen" Landessynodalin Renate Käser und Pfrin. Christhild Grafe   (Fotos: Bergler)