"BlickWechsel" - Rückblick!

Ausstellung „BlickWechsel“ schloss ihre Pforten

 

Schweinfurt. Am So., 11. Februar 2007, dem letzten Tag der Ausstellung, wurde im Rahmen des Sonntagsgottesdienstes in St. Johannis noch einmal auf die 25 Tage zurückgeblickt.

Am Anfang stand der Dank: Pfr. Dr. Siegfried Bergler dankte allen, die sich entweder diese Ausstellung angeschaut oder um einen Programmpunkt bereichert oder durch ehrenamtliche Dienste begleitet haben. Insbesondere dankte er dem treuen Aufsichtspersonal, das sich im Schichtdienst jeden Tag von 9-17 Uhr abwechselte (31 Personen für 200 Stunden). Dass so viele spontan und ganz selbstverständlich ihre Mithilfe angeboten, den Besuchern auch Rede und Antwort gestanden und noch dazu Bücher verkauft hätten, habe ihn sehr berührt. Selbstverständlich wurde auch der Kirchengemeinde St. Johannis und dem Evangelischen Bildungswerk, die die Gelder dafür bereitstellten, Dank gezollt.
Zweifellos lohnten sich die Mühen der gut halbjährigen Vorbereitung und Organisation, die auf den Schultern von EBW-Geschäftsführerin Kornelia Schmidt, Diakon Norbert Holzheid und Pfr. Dr. Bergler ruhten. Zwar drücken nackte Zahlen nicht viel aus, doch seien wenigstens einige genannt:
Über 1700 Besucher wurden in den dreieinhalb Wochen registriert. Es wurden mehr als 20 angemeldete Führungen durch die Ausstellung absolviert. Daneben gab es etliche Führungen in Eigenregie, die z. B. Lehrer mit ihren Schülern oder Pfarrer mit ihren Konfirmanden machten. Ausdrücklich sei drei rührigen Führerinnen gedankt: Frau Elisabeth Böhrer, Frau Ilse Vogel und Frau Wiltrud Wößner. Zum Beispiel 88 Schülern die Ausstellung nahe zu bringen, bedeutete alles andere als ein leichtes Unternehmen.
Einziger Wermutstropfen war, dass die mit vielen Ehrengästen geplante offizielle Eröffnung am 18. Januar im wahrsten Wortsinne in den Wind geschrieben werden musste – gone with the wind! Deswegen fand die Ausstellung in der ersten Woche noch nicht die breite Öffentlichkeit, die sie verdient hatte. Doch bald zog die Presse wohlwollend mit Berichten über einzelne Veranstaltungen nach. Das Beleitprogramm bot eine gute inhaltliche Mischung samt attraktiver Verpackung: 
Kamen zum Auftakt ins KuK(-Kino) nur knapp 20 Leute anlässlich des von Herrn Dr. Thomas Reinecke präsentierten halbdokumentarischen Spielfilms über das Schicksal des jüdischen Mädchens Leni, das im III. Reich in einer christlichen Pflegefamilie aufwächst, so fand der emphatische Vortrag von Frau Susanne Dill über ihre persönliche Bekanntschaft mit der jüdischen Lyrikerin Nelly Sachs und über ihr Schaffen bereits ein größeres Echo.
Herr Landesrabbiner Dr. Henry G. Brandt – eine der ganz großen jüdischen Persönlichkeiten Deutschlands, der in seinem fast 80-jährigen Leben unendlich viel für den christlich-jüdischen Dialog getan hat, hätte - angesichts von knapp 40 Zuhörern - ein größeres Auditorium verdient gehabt. Sein unterhaltsamer, freier Vortrag über „Jüdisches Leben in Deutschland heute“ ließ die jüdische Binnenperspektive und die akuten Probleme der jüdischen Gemeinden (z. B. hinsichtlich russischer Einwanderer) transparent werden.
Als sodann Herr Prof. Dr. Axel Denecke theologische Betrachtungen über das Heilige bzw. unheilige Land Israel anstellte, erreichte die Besucherzahl die 70-er Marke. Offenbar stießen sowohl Referent als auch Thema auf großes Interesse. Der komprimierte Geschichtsabriss von biblischen Tagen über den Zionismus bis zum heutigen Staat Israel erwies sich als Parforceritt.
Ebenso viele Zuhörer kamen schließlich zum Vortrag von Dr. Siegfried Bergler, der die Entstehung des Christentums aus dem Judentum im 1. Jh. n. Chr. nachzeichnete und viele Gründe nannte, warum die Wege zwischen Christen und Juden zwangsläufig auseinander gehen mussten.
Ferner folgte eine riesige Schar der kompetenten Stadtführerin Frau Elisabeth Böhrer auf „ihren“ jüdischen Spuren durch Schweinfurt: über die Judengasse zum ehemaligen Standort der Synagoge in der Siebenbrückleinsgasse und zurück über den Marktplatz zu den Judenhäusern in der Rückertstraße/Hellersgasse.
Wie nicht anders zu erwarten, erwiesen sich die beiden (literarisch-)musikalischen Veranstaltungen als die Highlights schlechthin: Zum einen war es die betroffen machende Autorenlesung von Herrn Klaus Gasseleder aus seinem dokumentarischen Roman „Zwei Gesichter“ mit einfühlsamer Gitarrenbegleitung durch Herrn Lorenz Schmidt – dies zudem in gefälligem Ambiente auf der Empore der St. Johannis-Kirche
Zum anderen gastierten im ausverkauften Kirchenrund die absoluten Profis und Weltklasse-Musiker Giora Feidman mit seiner schier magischen Klarinette und der Orgelvirtuose Matthias Eisenberg. Im Wechsel- und Zusammenspiel ihrer beiden Instrumente präsentierten sich gleichsam Judentum und Christentum.
Schließlich waren auch die vier dem Thema „Christen und Juden“ mit je anderer Akzentsetzung gewidmeten Sonntagsgottesdienste während der Ausstellung erstaunlich gut besucht  Die Finissage im eingangs erwähnten Gottesdienst am 11. Februar wurde festlich von der St. Johannis-Kantorei mit Chorstücken aus dem Händel-Oratorium Judas Maccabäus und von dem Klarinettisten Matthias Kügler umrahmt
Der Dank an die Adresse Gottes darf nicht fehlen. Denn es ist keineswegs selbstverständlich, dass eine Ausstellung wie diese ohne Zwischenfälle verlaufen ist und dass auch – abgesehen von der Vernissage - alle Programmpunkte erfüllt werden konnten. Es hat sich deutlich gezeigt, dass an Gottes Segen alles gelegen ist.
Bleibt am Ende der Wunsch, dass der Blick der Besucher auf das Judentum und auf ihr Christentum wenigstens ein wenig „gewechselt“ hat, zumindest aber, dass er geschärft und sensibilisiert wurde. Ein Eintrag ins Gästebuch wie folgender: „Bei aller Liebe, aber aus einer Kirche sollte man keine Synagoge machen!“ beweist, wie viel Aufklärungs- und Aufarbeitungsbedarf noch besteht. Jedenfalls wären ohne ihr jüdisches Fundament Christentum und Kirche auf Sand gebaut.
Die Wanderausstellung wird nun nach Hilpoltstein gehen und dort ab Mitte März bis Mitte Oktober 2007 zu sehen sein.    (S. Bergler)

Fotoalbum mit den Hauptakteuren fürs Archiv:

 

   
 Frau Susanne Dill  Rabbiner Dr. h.c. Henry G. Brandt
   
 Weltstar Giora Feidman  Lorenz Schmidt / Klaus Gasseleder
   
 Prof. Dr. Axel Denecke und Frau Ilse Vogel  Pfr Dr. Siegfried Bergler
   
Frau Elisabeth Böhrer führte durchs jüdische Schweinfurt  

Zwecks Erinnerung:

 

 

Das Rahmenprogramm! 

 

Do., 18. 01.07, 19.00 Uhr:               Eröffnung der Ausstellung in St. Johannis   - [musste leider wegen Sturmwarnung abgesagt werden]

Sie hatten alle zugesagt: Dekan Oliver Bruckmann;  Grußworte: Dr. Josef Schuster (Präsident des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern) und Frau Oberbürgermeistern Gudrun Grieser; Einführung in die Ausstellung durch Pfr. Hans-Jürgen Müller („Begegnung von Juden und Christen“); musikalische Ausgestaltung: Kantorin Andrea Balzer

So., 21.01.07, 09.30 Uhr:                Erster Gottesdienst zum Thema „Christen und Juden“

Dekan Oliver Bruckmann: "Ich schäme mich des Evangeliums nicht" (Römerbrief 1,16)

Di., 23.01.07, 19.00 Uhr                   „Leni“: dokumentarischer Spielfilm im KuK (Ignaz-Schön-Str. 32): Ein Bauernpaar im Allgäu erhält 1937 ein Neugeborenes als Pflegekind.  Ein paar Jahre später stellt sich heraus, dass dessen Mutter Jüdin ist. Die inzwischen 6-Jährige wird den Pflegeeltern weggenommen und nach Auschwitz deportiert ...  Eine Einführung in den Film gab Herr Studienrat Dr. Thomas Reinecke/Celtis-Gymnasium SW.

Mi., 24.01.07, 19.00 Uhr                 Durch Leiden zur Versöhnung – Das Werk der deutsch-jüdischen Dichterin Nelly Sachs: Literaturgespräch mit Susanne Dill

Do., 25.01.07, 19.00 Uhr                Zur aktuellen Situation der Juden und jüdischen Gemeinden in Deutschland: Vortrag von Landesrabbiner Dr. h.c. Henry G. Brandt/Augsburg (Zweiter Vorsitzender der deutschen Rabbinerkonferenz und jüdischer Vorsitzender der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Deutschland) 

Fr., 26.01.07, 19.00 Uhr                 From Classic To Klezmer: Konzert mit dem „Magier der Klarinette“ und "König des Klezmer" Giora Feidman/New York (Oscar-Preisträger für die Filmmusik "Schindlers Liste") und dem international bekannten Organisten Matthias Eisenberg (u. a. Gewandhaus Leipzig): traditionelle Klezmersongs und klassische Kompositionen alter Meister (Bach, Schubert, Bruch)

                                                          

 

   

Giora Feidman

 Matthias Eisenberg

 

 So., 28.01.07, 09.30 Uhr                 Zweiter Gottesdienst zum Thema „Christen und Juden“

Pfarrerin Christhild Grafe:  "Du sollst den Feiertag heiligen": Jüdischer Sabbat - christlicher Sonntag

Mi., 31.01.07, 19.00 Uhr                  Land Gottes? Heiliges Land? Unheiliges Land? Vortrag von Professor und Hamburger Hauptpastor em. Dr. Axel Denecke/Hannover über den "ewigen" Streit um Israel/Palästina

Fr., 02.02.07, 19.00 Uhr                  Zwei Gesichter. Aus der Chronik einer jüdischen Familie, eines fränkischen Dorfes und eines Weltbades in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Lesung des aus Schweinfurt gebürtigen Autors Klaus Gasseleder. Sein dokumentarischer Roman bietet eine beeindruckende Darstellung des untergehenden Landjudentums im fränkischen Dorf Steinach: der Weg einer jüdischen Familie von unbeschwerten Kindheitstagen bis hin zu Verfolgung und Deportation im Dritten Reich; musikalische Rahmung: Lorenz Schmidt (Komponist/Gitarrist)

Sa., 03.02.07, 14.00 Uhr                 Auf jüdischen Spuren durch Schweinfurt mit Elisabeth Böhrer (Gästeführerin der Tourist-Information Schweinfurt);

So., 04.02.07, 09.30 Uhr                 Dritter Gottesdienst zum Thema „Christen und Juden“

Pfarrerin Dr. Tais K. Strelow: Jesus weint über Jerusalem (Lukas 19,41-43)

Do., 08.02.07, 19.00 Uhr                Gemeinsame Wurzeln – getrennte Wege: Warum die Wege von Juden und Christen im 1. Jh. n. Chr. auseinander gehen mussten: Vortrag von Pfr. Dr. Siegfried Bergler/Schweinfurt (Öffentlichkeitsbeauftragter des evang.-luth. Dekanates Schweinfurt)

So., 11.02.07, 09.30 Uhr                 Vierter Gottesdienst zum Thema „Christen und Juden“ mit Finissage

                                                           Pfr. Dr. Siegfried Bergler: Gesang im Feuerofen (Daniel 3,17f.)          

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